Frankfurter Erklärung der avj
Lesen für alle! Plakat

Lesen für alle!

Aktion der avj auf der Frankfurter Buchmesse 2023

Der Mittwoch der Frankfurter Buchmesse war der Startschuss für die Aktion „Lesen für alle!“ der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e.V. und unserer Mitgliedsverlage. Im Mittelpunkt der Aktion steht das ABC-Plakat mit Fakten, Informationen und Forderungen rund um die Themen Lesekompetenz und Leseförderung, das an vielen Messeständen der avj-Mitgliedsverlage in der Halle 3.0 zu sehen war. Gestaltet wurde es von Infografiker Ole Häntzschel, der bereits in verschiedenen Verlagen und Medien veröffentlicht hat. Neben dem ABC-Plakat wurden und werden weitere Informationsmaterialien analog und digital verbreitet (u. a. Postkarten und Social Media). Ziel der Aktion war es, ein breites (Fach-)Publikum auf die Defizite im Bereich der Leseförderung aufmerksam zu machen. Bereits in den ersten Messetagen stieß die Aktion auf große Resonanz.

„Lesen für alle!“ ist gemeinsam mit der avj-AG zur Frankfurter Erklärung und in Kooperation mit dem Tessloff Verlag entstanden. In der Frankfurter Erklärung fordern wir insbesondere die Bereitstellung öffentlicher Mittel zur Ausstattung von Bibliotheken in Kitas und Schulen fordert. Die FBM-Aktion arbeitet mit konkreten Forderungen und Vorschlägen, um Wege aus der Misere aufzuzeigen: Die Entwicklung von Lesekompetenz darf nicht länger vom Elternhaus oder besonders engagierten Erzieher*innen und Lehrer*innen abhängen. Im Sinne der Chancengleichheit fordern wir deshalb den Ausbau der Leseförderung in Kitas, Horten und Ganztagsangeboten, um die Lesekompetenz nicht-privilegierter Kinder zu stärken. Zudem setzen wir uns für die Einführung einer verbindlichen Lesezeit im Unterricht ein, analog zum Erfolgsmodell an den Hamburger Grundschulen.

„Lesen für alle!“ ist keine einmalige Aktion für die Frankfurter Buchmesse, sondern wird auch in den nächsten Monaten von uns und unseren Mitgliedsverlagen fortgesetzt. Die nächste Aktion zum Vorlesetag am 17. November 2023 ist schon in Planung.

Sie möchten das ABC-Plakat zur Aktion "Lesen für alle!" bestellen?

Das Plakat (print) und Einzelbuchstaben (digital) erhalten Sie über die avj-Geschäftsstelle. Das Plakat bieten wir aktuell kostenfrei in DIN A 2 und gefalzt an. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Lieferadresse anzugeben.

avj-Geschäftsstelle
Braubachstraße 16
60311 Frankfurt am Main
Tel.: +49 (0)69 13 06-249
Fax: +49 (0)69 13 06-403
E-Mail: info@avj-online.de

Frankfurter Erklärung 2022_Cover

Frankfurter Erklärung der avj

Lesen fördern heißt Zukunft fördern

Wir – die Mitgliedsverlage der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e. V. (avj), der Interessenverband deutschsprachiger Kinder- und Jugendbuchverlage – prangern die schlechte Ausstattung von Buchbeständen in deutschen Kindergärten und Schulen an und warnen vor den Folgen der fehlenden Investition in unseren Nachwuchs durch fehlende Investitionen des Staates in Schulbibliotheken.

Eine verbandsinterne Umfrage macht eine Einschätzung der Lage möglich: Anlass waren die in vielen Verlagshäusern deutlich zunehmenden E-Mails, Briefe und Anrufe, in denen um kostenfreie Bücher für ihre Kita-, Klassen- und Schulbibliotheken sowie für ihre Arbeit als Literaturpädagog*innen gebeten wird.

48 unserer Mitgliedsverlage gaben für den Zeitraum Januar bis August 2022 an, zusammen über 9.200 Anfragen nach kostenfreien Exemplaren erhalten zu haben – ein schockierendes Ergebnis.
Oftmals begründen die Pädagog*innen in Kitas, Schulen, Horten und in der außerschulischen Leseförderung diese Anfragen, dass ihnen nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um den Kindern und Jugendlichen ausreichend Bücher und andere Medien zur Verfügung zu stellen.

„Viele Verlage haben schon zu hören bekommen, dass das von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellte Geld für das Mobiliar der Leseräume ausgegeben wurde. Für die Bücher, den eigentlichen Grundstock jeder Leseecke und Bibliothek, reicht es dann aber nicht mehr und diese sollen kostenfrei von den Verlagen zur Verfügung gestellt werden.“
Bernd Herzog, Vorsitzender der avj
Pro Anfrage wurden dabei nach Einschätzung der zuständigen Abteilungen im Durchschnitt bis zu 3 Exemplare erbeten. Für 2022 wären das für alle 97 avj-Mitgliedsverlage hochgerechnet über 80.000 kostenlose Exemplare. Bei einem durchschnittlichen Ladenpreis von 12,61 Euro (Stand: 2021) entspricht das einem jährlichen Buchhandelsumsatz von über 1 Million Euro.

„Doch so kann es nicht weitergehen!“ – „Wir können das in diesem Maße nicht leisten!“, war die einhellige Meinung bei der letzten Jahresversammlung der avj. Denn auch wenn uns Verlagen die Leseförderung sehr wichtig ist und wir viele Aktionen gerne unterstützen, sind wir zunächst einmal Wirtschaftsunternehmen. Unser Gut sind professionell erstellte literarische Stoffe für Kinder und Jugendliche. Gerade in Zeiten von steigenden Preisen für Papier, Energie und Fracht tragen wir nicht zuletzt eine wirtschaftliche Verantwortung für unsere Autor*innen, Illustrator*innen, Übersetzer*innen und Mitarbeiter*innen.

Daneben kommt Kinder- und Jugendliteratur aber auch ein gesellschaftlicher Wert und eine besondere Bedeutung zu. Denn Kinder- und Jugendbücher bilden die Grundlage für Lesekompetenz, Bildungserfolge und schlussendlich gesellschaftliche Teilhabe. Die Kulturtechnik Lesen ist Voraussetzung für selbstständig denkende Bürger*innen und damit eine wesentliche Säule der demokratischen Grundordnung.

Neueste Studien, wie etwa die IFS-Schulpanelstudie vom März 2022 zeigen, die Lesefähigkeit der Schüler*innen sinkt leider weiter dramatisch. Hier wird also demnach Mehr gebraucht: mehr an Lesestoff, mehr an Vermittlung, mehr an Geldern. Stattdessen werden Förderprogramme zusammengestrichen und das Problem auf Einzelpersonen abgewälzt. Der Staat wird hierbei seiner Verantwortung nicht gerecht. Kinder sind die Zukunft dieses Landes. Es gilt, sie gut auszubilden in Lesekompetenz und Empathie, in Fakten und Fantasie. Kinder- und Jugendbücher leisten dazu einen maßgeblichen Beitrag. Angesichts der gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen ist die strukturelle Förderung von Kita- und Schulbibliotheken dringend notwendig und längst überfällig.
Die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e. V. fordert deshalb im Namen der knapp 100 Mitgliedsverlage:


Die avj und ihre Mitgliedsverlage stehen dabei für Gespräche und gemeinsame Ideen gern zur Verfügung.



LBM 2023_avj-Veranstaltung_Frankfurter Erklärung

UPDATE vom 28. April 2023

Im Rahmen der Leipziger Buchmesse diskutierten wir auf der Bühne des Trendforums Bildung fleißig über die Finanzierung von Kita- und Schulbibliotheken.

Ausgangspunkt hierfür war die von den avj-Mitgliedsverlagen im Oktober 2022 verabschiedete Frankfurter Erklärung. Aus der aktuellen Lage in der Praxis berichteten Autorin Kirsten Boie, die Vorsitzende des Bundesverbands Leseförderung Manuela Hantschel sowie als Vertreterin der Grundschulen Kathrin Riedel (Direktorin der Leipziger Geschwister-Scholl-Grundschule). Hier zeigte sich in allen drei Teilbereichen, dass gute Ideen bereits da sind, es jedoch selbst bei funktionierenden Konzepten letzten Endes immer am Geld mangelt. Als Vertreter der Verwaltung versuchte Dr. Thomas Töpfer von der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle der Stadt Leipzig aufzuzeigen, dass es auch für die Kommunen selbst nicht immer leicht ist an das nötige Geld zu kommen. Eine etwaige Umverteilung von Topf zu Topf sei wegen fester Strukturen erschwert. Für den Blick von Außen nahm außerdem Markus Fritz, der stellvertretende Direktor vom Amt für Bibliotheken und Lesen in Bozen, an der Diskussion teil. In Bozen wurden schon vor vielen Jahren Grundsteine für eine gewährleistete Leseförderung in Bibliotheken gelegt. Moderiert wurde die diskussionsfreudige Runde von Tina Kemnitz.

Alles in allem zeigten die Blicke in die deutsche Praxis, an wie vielen Stellen und Strukturen es aktuell noch bei der Finanzierung von Schulbibliotheken, deren Materialien und geschultem Personal hakt. Die Forderung nach einem staatlichen Sondervermögen "Bildung" wurde durch das Podium laut.



Unterstützt wird die avj bei den Forderungen von Kinderbuchautor*innen aus den Mitgliedsverlagen:

Frankfurter Erklärung_Cornelia Franz

Autorin Cornelia Franz

"Ich unterstütze den Appell, nicht an falscher Stelle zu sparen: Bücher für Kinder und Jugendliche sind Lebens-Mittel!"
Frankfurter Erklärung_Holly-Jane Rahlens

Autorin Holly-Jane Rahlens

"Natürlich unterstütze ich die Frankfurter Erklärung. Wieso sollen wir, Verlage und Autoren, unsere Bücher verschenken? Weil es einer gute Sache, also der Leseförderung dient? Niemand käme auf die Idee im Sinne der Leseförderung die Grundschullehrer, Erzieher, Bibliothekare zum Gehaltsverzicht aufzufordern. Deshalb: Der Staat soll seinen Kindern die Bücher zur Verfügung stellen, die die Pädagogen für sinnvoll halten. Das ist eine Win-Win-Situation, für alle, eine Investition ohne Risiko und mit großer Nebenwirkung."
Frankfurter Erklärung 2022_Jutta Bauer

Autorin Jutta Bauer

"Ich finde die Frankfurter Erklärung gut. Mich verwundert schon lange, warum erwartet wird, dass ausgerechnet Künstler und Autoren die Kultur und die Leseförderung sponsern. Sollten Unterstützer nicht ganz woanders gesucht werden? Wir leben von unseren Honoraren, und die meisten Künstler sind eher arm. Wenn alle verstehen, dass bei dieser 'Verschenk-Kultur' am Ende die Einkommenseinbuße der Kreativen steht, wächst vielleicht die Erkenntnis, dass daran was verkehrt ist. Liegt am Boden dieser Umsonst-Anfragen vielleicht sogar eine leise Geringschätzung oder Fehleinschätzung unserer Arbeit?
Ein Beispiel aus einem anderen Bereich könnte das illustrieren: Jemand geht in einen Milchladen, nimmt eine Milchtüte und fragt nicht nach dem Preis, sondern findet, dass sie für einen guten Zweck getrunken wird und deshalb nicht bezahlt werden braucht. Beim Milchladen oder Klempner käme keiner auf die Idee,
beim Künstler schon."
Frankfurter Erklärung 2022_Kai Pannen

Autor Kai Pannen

"Eine gut bestückte Schulbibliothek ist ein Muss für jede Kita und Schule, um die Lesekompetenz zu fördern. Gerade für Kinder, die von Haus aus wenig Leseanreize bekommen, ist die Schulbücherei oft der erste und einzige Anlaufpunkt, um mit Büchern in Kontakt zu kommen und untereinander die Erfahrung zu machen, dass Lesen Spaß machen kann."
Frankfurter Erklärung 2022_Kirsten Boie

Autorin Kirsten Boie

"Auch wir Kinderbuchautor*innen erhalten regelmäßig derartige Anfragen nach kostenlosen Büchern. Nur durch Schul- und Kita-Bibliotheken erreichen wir auch diejenigen Kinder, deren Eltern mit ihnen keine öffentlichen Büchereien besuchen - genau diejenigen also, die dann später häufig zu den 20% der Schulabgänger*innen gehören, die funktionale Analphabeten*innen bleiben. Schulbibliotheken sind darum auch wichtig für den Erwerb von Lesekompetenz."
Frankfurter Erklärung 2022_Margit Auer

Autorin Margit Auer

"Oper, Theater, alles wunderbar. Aber nirgendwo sind Steuergelder besser aufgehoben als in Bibliotheken. Wenn wir hier sparen, kriegen wir die Quittung irgendwann zurück - und haben Kinder in unserer Gesellschaft, die nicht lesen können. Das darf nicht sein!"
Frankfurter Erklärung 2022_Martin Baltscheit

Autor Martin Baltscheit

"Die Kunstschaffenden der Bilderbücher arbeiten schon lange am Existenzminimum. Erlöse und Bezahlung sind für die meisten von uns kein Broterwerb, sondern Hobby. Und jetzt ist in Corona- und Post-Coronazeiten noch die Kaufbereitschaft zurückgegangen. Dabei haben sich produzierende Verlage bei der Preisentwicklung viele Jahre zurückgehalten. Bücher müssen teurer werden, und in der Folge wird der Absatz weiter sinken. Bücherspenden können sich weder Verlage noch Autorinnen und Autoren leisten. Hier ist der Staat gefragt."
Frankfurter Erklärung 2022_Sabine Ludwig

Autorin Sabine Ludwig

"Oft mache ich Lesungen in Bibliotheken und einerseits rührt es mich, dass sich dort fast immer ein Exemplar meines ersten Buches von 1989 befindet, andererseits bin ich irritiert über den teils völlig veralteten Bestand, der sich zudem - bei Kinderbüchern wohl zwangsläufig - in keinem guten Zustand befindet. Wenn wir Kinder und Jugendliche in die Bibliotheken holen wollen, dann reicht es nicht, den Bestand an DVDs und Computerspielen aktuell zu halten - es braucht auch 'frische' Bücher. Und hier sehe ich die Politik in der Pflicht. Es kann nicht sein, dass öffentliche Institutionen Bücher erbetteln müssen, worunter in erster Linie wir Autor*innen leiden, da die 'verschenkten' Bücher in unseren Abrechnungen als 'Freiexemplare' auftauchen und nicht honoriert werden."
Frankfurter Erklärung_Isabel Pin

Autorin Isabel Pin

"Als Kinderbuchautorin und regelmäßige Referentin in Kitas, Schulen und Zentren für geflüchtete Familien sehe ich einen enormen Bedarf, um Kindern und ihren Betreuern den Zugang zu Sprache, Lesen und Büchern zu erleichtern."
Frankfurter Erklärung 2022_Salah Naoura

Autor Salah Naoura

"Wir verspielen die Zukunft unserer Gesellschaft, denn Lese- und Sprachkompetenz sind der zentrale Schlüssel zu Bildung und Wohlstand.
Was wir endlich brauchen, ist eine nationale Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen. Übersetzt ins heutige Politiker-Deutsch: einen Triple-Wumms für unsere Kinder – they walk all alone."
Frankfurter Erklärung 2022_Ulf Blanck

Autor Ulf Blanck

"Selbstverständlich kann ich die Initiative voll und ganz unterstützen.
Ich bin viel in Schulen, Einrichtungen und Bibliotheken unterwegs und oftmals sind die Bücherregale spärlich und veraltet bestückt.
Schade dann für das große Engagement der Betreiber. Das Zeitfenster für eine erfolgreiche Leseförderung bis zu den weiterführenden Schulen ist begrenzt und muss optimal genutzt werden. Attraktives und frisches Lesefutter ist dafür notwendig. Spenden und Ehrenamt reichen hier nicht aus."
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